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Was tun

WAS TUN bei ThyssenKrupp Steel


Brief an Herrn Osburg
Ihre Stellung zu Herrn Dulgers Äußerungen zum Warnstreik der Hafenarbeiter
Guten Tag Herr Osburg,
der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Dr. Rainer Dulger, kritisierte kürzlich die Warnstreiks der Gewerkschaft Ver.di in den Häfen. Da „Unternehmen dringend Materialien bräuchten“, schlug Dr. Rainer Dulger einen „nationalen Notstand“ vor, „der auch Streikrecht breche“ (Handelsblatt 30.06.22).
Viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sehen in Herrn Dr. Rainer Dulgers Äußerungen einen Angriff auf das Streikrecht, zumal bekannt wurde, dass in einem Heidelberger Unternehmen, in dem Dr. Rainer Dulger neben seinem Bruder Prof. Dr. Andreas Dulger Geschäftsführer ist, nach der kürzlich erfolgten Betriebsratswahl dem vormaligen Betriebsratsvorsitzenden (IG Metall-Mitglied), dessen IGM-Liste nun eine Minderheit im Betriebsrat stellt, gekündigt wurde (Homepage Labournet Germany).
Nun vertritt Herr Dr. Rainer Dulger als Präsident der BDA viele Interessenverbände der Unternehmer. Auch der Arbeitgeberverband Stahl, in dessen Geschäftsführendem Vorstand Sie Mitglied sind, ist Mitgliedsorganisation in der BDA.
Unterstützen Sie die Äußerungen Herrn Dr. Rainer Dulgers über den „nationalen Notstand“, „der auch Streikrecht breche“?
Sprach Herr Dr. Rainer Dulger also auch für Sie und ihren Verband?
Als Sprecher der was tun bei thyssenkrupp steel europe erwarte ich von Ihnen auch deshalb keine Antwort, weil ich in den Äußerungen Herrn Dr. Rainer Dulgers, in den Polizeieinsätzen gegen streikende Hamburger Hafenarbeiter, im Vorgehen gegen unbequeme Betriebsräte und in der Militarisierung der hiesigen Gesellschaft seit Beginn des Ukraine-Kriegs Bausteine eines politischen Klimawandels nach rechts sehe. Das wird nicht Ihre Meinung sein.
Wir sind aber der Ansicht, dass Sie den Kolleginnen und Kollegen von thyssenkrupp steel europe eine Antwort schuldig sind.
Auch die Öffentlichkeit sollte erfahren, ob Sie als CEO der TK-Steel und Geschäftsführender Vorstand des Arbeitgeberverbandes Stahl das Streikrecht in irgendeiner Form in Frage stellen oder nicht.

Mit streikfreudigen Grüßen
Dr. Peter Berens

Brief zum download:

- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -



Tarifrunde Stahl
Nur eine Urabstimmung über das Ergebnis ist demokratisch!
Das Tarifergebnis beträgt 6,5 % auf 16 Monate und 500 Euro Abschlag auf  Juni und Juli 2022 (Azubis 200 Euro). Die Preise stiegen im Mai um 7,9 %. Die Preisexplosion soll andauern, vielleicht sogar auf 10 Prozent steigen. 6,5 % Lohnerhöhung - 7,9 % Inflationsrate = -1,4% Entgelt. 6,5 % heißt Lohnabbau.
Auf 12 Monate gerechnet, gehen Wirtschaftsanalysten von 4,3 % Entgelterhöhung aus (ntv 15.06.22). Das sind über 3 Prozent Lohnabbau. Das dicke Ende kommt mit der nächsten Strom- und Gasrechnung.

Lohn-Preis-Spirale?
Die Forderung von 8,2 % war für die bundesdeutsche Tarifpolitik hoch. Umgehend wurde die Stahltarifrunde von einer Kampagne der bürgerlichen Medien begleitet, die uns das Märchen von der Lohn-Preis-Spirale präsentierte. Demnach sind steigende Löhne für die Preissteigerungen verantwortlich.
Wären alle Kosten der Stahlkapitalisten Lohnkosten, dann würden bei 6,5 % Entgelterhöhung die Gesamtkosten tatsächlich um 6,5 % steigen.
  •         Doch gab es in den letzten Jahren in der Stahlindustrie nur Lohnabbau.
  •         Die Entgelterhöhung wurde noch gar nicht wirksam.
  •     Fast 100 Prozent der bisherigen Kostensteigerungen wurden durch die Preisexplosion bei Eisenerz, Gas, Kohle, Strom usw. verursacht und an die          Kunden weitergegeben.
  •       Die Löhne machen nur ca. 10 Prozent der Gesamtkosten in der Stahlindustrie aus. Durch den Abschluss steigen die Gesamtkosten der Stahlkapitalisten         nur geringfügig und werden ebenfalls an die Kunden weitergereicht.
   
Umgekehrt bedeutet bei stark ansteigender Inflation die lange Laufzeit des Tarifvertrages bis zum 30. November 2023 die Einbetonierung des Lohnverlustes.
 
Konzertierte Aktion
Rechtzeitig hatte Olaf Scholz eine „konzertierte Aktion“ angekündigt. Staat, Kapitalverbände und Gewerkschaften sollen wieder am runden Tisch diskutieren, „wie wir mit der aktuellen Preisentwicklung umgehen“. Bei dem Rückgriff auf die Politik der SPD in der Großen Koalition mit der CDU Anfang der 1970er Jahre geht es um die Einbindung der Gewerkschaftsbürokratie, um Lohnabschlüsse zu mäßigen. Auch wenn Kanzler Scholz weiß, dass er sich auf sie verlassen kann, so wollte er doch eine relativ hohe Forderung von 8,2 Prozent herunterkochen und verhindern, dass ein hoher Abschluss bei Stahl zum Beispiel für andere Branchen wird. Auf den Wink mit dem Zaunpfahl reagierte die IGM-Bürokratie mit Zurückhaltung.
 
Ohne Streik kein Ausgleich
Die Wut über die Preisexplosion ist riesengroß. Doch was die Kolleginnen und Kollegen während der Warnstreiks als Abschluss erwarteten, waren eine 4, höchstens eine 5 vor dem Komma. Das steigerte die Wut noch mehr.  
Die Stahlkocher rechneten mit Lohnabbau nicht etwa, weil sie vor den Stahlkapitalisten zurückschreckten, sondern weil sie von der IGM-Führung nicht mehr erwarteten. Die Kolleginnen und Kollegen wissen, was sie von der Gewerkschaftsbürokratie zu halten haben. Die Kampfbereitschaft war da. Aber ohne Streik gibt es nur den halben Inflationsausgleich.
 
Null-Streik als zweite Natur
Die IG Metall-Bürokratie spricht von einer „sehr guten wirtschaftlichen Situation der Branche“. Ein vernichtenderes Urteil kann man über sich selbst nicht fällen. Offensichtlich sind die  Gewerkschaftsbürokraten nicht fähig, die allerbeste wirtschaftliche Lage, die hohe Inflation, die hohe Kampfbereitschaft und die vollen Gewerkschaftskassen für einen Vollstreik auszunutzen.
 
Die IG Metall-Bürokratie schreibt von „Begeisterung in der Tarifkommission“ über das Ergebnis. Begeistert kann nur sein, wer davor zurückscheut, einen richtigen Kampf zu führen. Selbst Kolleginnen und Kollegen, die seit 35 Jahren in der Stahlindustrie arbeiten, kennen keinen Vollstreik. Die allermeisten Beschäftigten der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen, Bremen und Niedersachsen haben nie in ihrem Arbeitsleben erfahren, wofür eine Gewerkschaft da ist.
 
In den 1980-90er Jahren mögen die Hauptamtlichen der IG Metall über Streikerfahrungen und über Verhandlungsgeschick verfügt haben. Heute ist der Nicht-Streik zur zweiten Natur der IGM-Bürokratie geworden, was auch jeder Verhandlung den Stempel aufdrückt. Dabei stützt sich die IGM-Bürokratie auf die Berufsbetriebsräte, die die Tarifkommission bevölkern.
 
Wohin hohe Inflationsraten und Mäßigung bei den Tarifrunden führen? Die Kolleginnen und Kollegen werden ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen, dass auch unter den günstigsten Bedingungen in der Stahlindustrie die Gewerkschaftsbürokraten keinen Inflationsausgleich hinbekommen. Den müssen sie, wie in den „wilden Streiks“ 1969 und 1973, selbst erkämpfen.
RIR, Duisburg, 19.06.2022


- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -



13. Juni bei Thyssenkrupp-Steel in Hamborn-Beeckerwerth: Zwei Stunden Blockade von Tor 3 und allen anderen Toren.
Bieten die Stahlkapitalisten eine Tariferhöhung, die die Preisexplosion ausgleicht?

- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -

Stahlindustrie
8,2 Prozent oder die Hütte brennt!  
Die erste Welle der Warnstreiks in der Nordwestdeutschen Eisen- und Stahlindustrie ging heute zu Ende. In Duisburg-Hamborn zogen ca. 2500 Kolleginnen und Kollegen (offiziell 3500) der Thyssenkrupp Steel vor Tor 1. Es hätten mehr werden können, wären nicht einige Anlagen weitergelaufen und noch viele Angestellte im Homeoffice.
Preise & Gewinne
Die Themen aller Rednerinnen und Redner kreisten um enorme Preissteigerungen beim täglichen Bedarf und satte Gewinne der Stahlkapitalisten. Von der Tribüne wurde für einen Streik getrommelt. Je näher die Rednerinnen und Redner an der Basis stehen, desto mehr brachten sie die Lage auf den Punkt, desto kämpferischer redeten sie. Das Motto - 8,2 Prozent oder die Hütte brennt! - kam von der örtlichen IG Metall. Alle erklärten von der Bühne herab: Wenn nach dem gleichzeitigen Warnstreik am 13. Juni kein annehmbares Angebot vorliegt, dann geht es am 21. Juni in die Urabstimmung.
Vom Warnstreik zum Vollstreik?
In den letzten Tarifrunden tat die IG Metall-Bürokratie alles, um den Ball flach zu halten. Die Forderungen und Ergebnisse fielen bescheiden aus, wie an der Entgeltabrechnung abzulesen war. Gut möglich, dass durch die rapide Inflation und die hohen Gewinne der Stahlkapitalisten die IGM-Führung die Chance sieht, in einem Vollstreik ein besseres Ergebnis als durch die berüchtigten ´langen und zähen Verhandlungen` hinzubekommen.
Erwartungen und Streikbereitschaft
Allen ist klar: Eine Forderung von 8,2 Prozent wird bei einem niedrigeren Abschluss die enorme Inflation nicht ausgleichen. Die Erwartungshaltung ist gedämpft, obwohl die Wut der Stahlkocher über die Preisexplosion wächst. Nach allen Erfahrungen der letzten Tarifrunden rechnen viele Kolleginnen und Kollegen bei einem Abschluss mit einer 4, höchstens mit einer 5 vor dem Komma bei einer Laufzeit von über einem Jahr. Das würde für 59 000 Stahlkocher Lohnabbau bedeuten. Und genau das heizt die Empörung noch mehr an. Die Streikbereitschaft ist da.
Selbst Kolleginnen und Kollegen, die schon seit 35 Jahren im Betrieb stehen, haben noch nie einen Vollstreik mitgemacht. Den Letzten erinnern sie aus Erzählungen als Streik 1978/79 für die 35 Stunden-Woche. Das könnte diesmal anders werden. Mit einem Vollstreik könnten auch jene IGM-Mitglieder wieder eingefangen werden, deren Erwartungen durch das Paktieren zwischen Gewerkschaftsführung und Arbeitgeberverband Stahl niedrig sind, die aber den Streikappellen ihren Beifall spendeten.
Nach dem 13. Juni wissen wir mehr.

RIR, Duisburg 09.06.22

- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -



Umstellung auf grünen Stahl
Was SPD und IG Metall nicht fordern
Anfang Dezember veranstalteten die SPD-NRW und die Geschäftsführung der Deutschen Edelstahlwerke in Siegen eine virtuelle Stahlkonferenz. Neben dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion NRW Kutschaty beteiligte sich u.a. der Vizepräsident der EU-Kommission Timmermanns, die stellv. Ministerpräsidentin des Saarlandes Rehlinger, die IHK Siegen und der Bezirksleiter des IG Metall Giesler. Thema waren die Perspektiven der NRW-Stahlindustrie und damit die Umstellung auf grünen Stahl.

5 Punkte der SPD
Am Ende der Konferenz stellte die SPD ein 5-Punkte-Programm vor: Einberufung eines bundesweiten Stahlgipfels, Landesbeteiligung an der Stahlindustrie, Transformationsfonds von 30 Milliarden Euro bei der NRW.Bank für Unternehmen, Ausbildungsoffensive für Fachkräfte, Leitmarkt für ,klimaneutralen Stahl‘ mit einer Quote für grünen Stahl bei öffentlichen Aufträgen.

Keinen Euro und keinen Cent
Die Forderung der SPD für einen „Transformationsfonds von 30 Milliarden Euro bei der NRW.Bank für Unternehmen“ ist allein schon deshalb bemerkenswert, weil die gesamte Umstellung der Stahlindustrie in Deutschland 30 Mrd. Euro kostet. Nicht offen von der SPD eingestanden zahlen dann allein wir SteuerzahlerInnen für grünen Stahl. Von den Stahlkapitalisten fordert die Sozialdemokratie keinen Euro und keinen Cent.

Plan statt Markt
Die SPD will die grüne Modernisierung des Kapitalismus. Ihre Forderungen belegen, dass Klimaneutralität allein mit dem Instrumentarium der ´freien Marktwirtschaft` nicht zu erreichen ist. Die benötigten Investitionen für die Stahlindustrie in Deutschland, einschließlich 10 Mrd. Euro beim größten Stahlhersteller Thyssenkrupp, übersteigen die Finanzkraft der Stahlkonzerne.
Sie erfordern aus kapitalistischer Sicht eine mehrfache ´Staatsbeteiligung`: Finanzhilfe für die Konzerne, für die benötigte Infrastruktur und nachhaltige Energie. Sie gebieten eine Einschränkung der freien Marktwirtschaft auf EU-Ebene gegen den Import von Carbon-Stahl, um die internationale Konkurrenz auszuschalten. Das sind Elemente einer geplanten Wirtschaft, weshalb wir das Zögern der CDU und FDP verstehen, die sich mit einer Staatswirtschaft noch nie anfreunden konnten.
Die SPD-Stahlkonferenz hält finanzielle Geschenke des Staates für die Unternehmen für selbstverständlich. Zu einer direkten Forderung nach Staatsbeteiligung, die die Eigentumsverhältnisse ändert, wollte sie sich im Beisein der Geschäftsführer der Deutschen Edelstahlwerke und der IHK nicht versteigen. Die Sozialdemokratie kann sich eine Landesbeteiligung an der Stahlindustrie nur „vorstellen“.
Die SPD ist eben eine Partei des Kapitals. Werden die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen so durchgeführt, dann wird die Stahlindustrie erst von der Gesellschaft modernisiert, anschließend streichen die AktionärInnen die Profite ein.

Wo bleibt die Arbeitsplatzgarantie?
Nach der SPD-Pressemitteilung forderte auch niemand auf ihrer Stahlkonferenz eine Arbeitsplatzgarantie. Wollte der IGM-Bezirksleiter Giesler nicht die IHK verschrecken oder will die IG Metall überhaupt keine allgemeine Arbeitsplatzgarantie?
Womit wir bei der Veröffentlichung zu diesem Thema im Magazin metall Januar/Februar 2022 sind. In einem Artikel auf Seite 12 („Stahl ist der größte Hebel“) geht es darum, woher der  Wasserstoff für die Umstellung der Produktion auf grünen Stahl kommen soll.
Darin stellt der Betriebsratsvorsitzende Nasikkol von Thyssenkrupp Steel (TKS) Hamborn-Beeckerwerth drei Forderungen für „die heimische Stahlindustrie“ auf: finanzielle Unterstützung für die neuen Anlagen, finanzielle Unterstützung für steigende Betriebskosten, Aufstellung der Wasserstoffinfrastruktur. Das kann die Vorstandsvorsitzende der Thyssenkrupp AG, Frau Merz, auch alleine fordern ohne die Unterstützung von Nasikkol.
Und die Arbeitsplatzgarantie? Fehlanzeige! Eine Sache ist es, kurz vor der Betriebsratswahl davon im Betrieb zu reden, sie aber schon im metall-Artikel zu vergessen. Der Verzicht Nasikkols dürfte für viele GewerkschafterInnen unverständlich sein. Denn die StahlkocherInnen bei Thyssenkrupp-Steel und anderswo brauchen dringend eine Arbeitsplatzgarantie, weil auch die Umstellung auf grüne Produktion Arbeitsplätze gefährden kann. Und hinter der Absicht zu einer Deutschen Stahl AG zu fusionieren, was die Ausgliederung der TK-Steel aus der TK AG voraussetzt, steht das Interesse der Stahlkapitalisten, massiv Arbeitsplätze zu vernichten.
Verständlich wird der theoretische Verzicht durch den praktischen Umgang der IG Metall-Bürokratie und der IGM-Tarifkommission mit der vereinbarten Arbeitsplatzgarantie bei Thyssenkrupp-Steel: Erst kamen sie der Forderung des TK-Vorstandes nach Abbau von 3.000 Arbeitsplätzen nach und feierten dafür eine ´Arbeitsplatzgarantie`. Dann forderte der Vorstand zusätzlich den Abbau von 750 Arbeitsplätzen, dem die IG Metall ebenfalls zustimmte. Keine Managerin und kein Aktionsärsvertreter nimmt eine IG Metall und einen Betriebsrat ernst, die ihre eigene Unterschrift nicht ernst nehmen.

IGM und Staatsbeteiligung
Es werden sich nicht alle daran erinnern, dass Betriebsräte und IG Metall schon einmal die KollegInnen von TK-Steel nach Düsseldorf für eine Beteiligung des Landes NRW an der Stahlindustrie mobilisierten. Was für viele IGM-Mitglieder und Vertrauensleute ein Fortschritt in der Sache war, war für Betriebsratsspitze und IGM-Bürokratie nur Schaulaufen. Die Forderung nach Staatsbeteiligung verschwand seitdem so tief in der Versenkung, dass sie auch im metall-Artikel nicht mehr auftaucht. Das ist noch unter dem Niveau der SPD. Beide ersparen sich somit eine Konkretisierung der Forderung, die doch sehr einfach heißt: Jeder Euro Staatknete für grünen Stahl ist in eine staatliche Beteiligung am Unternehmen umzuwandeln.

Was fordert die IGM von Thyssenkrupp?
Die von Nasikkol geforderten Finanzhilfen vom Staat beantworten indirekt die Frage nach der Mitfinanzierung der Umstellung auf grünen Stahl durch die Thyssenkrupp AG und durch die ganze Stahlindustrie. Der Staat zahlt alles, die Stahlkapitalisten zahlen nichts. Eine konkrete Forderung an Thyssenkrupp und an die Stahlindustriellen (oder an die einzelnen Kapitalisten überhaupt) stellen weder der Duisburger TKS-Betriebsratsvorsitzende noch die IG Metall auf.
Wenn die Umstellung auf grünen Stahl auch nicht allein durch die Stahlkapitalisten finanziert werden kann, so kann sie es doch zur Hälfte: Thyssenkrupp AG soll fünf der notwendigen zehn Mrd. Euro an die TK-Steel, die Stahlindustriellen sollen 15 Mrd. der benötigten 30 Mrd. Euro zahlen.

Für uns heißt das:
• Arbeitsplatzgarantie erkämpfen!
• Bei den Betriebsratswahlen Oppositionslisten wählen!
• Grüner Stahl in Öffentliche Hand!
• Die Linke in den Landtag!

     
RIR, Duisburg, 09.01.2022


- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -





Hamborn, 29.10.
Kundgebung für grünen Stahl
Am 29.10. zogen dreitausend Kolleginnen und Kollegen verschiedener Betriebe von Thyssenkrupp Steel vor die alte Verwaltung in Duisburg-Bruckhausen. Sie nahmen am bundesweiten Aktionstag der IG Metall für die Umstellung auf grüne Produktion teil.

Heute und vor 5 Jahren
Etwa 8000 Kolleginnen und Kollegen verließen ihre Arbeitsplätze. Auch das Homeoffice ruhte. Die Zeit wurde vom Unternehmen mit zwei Stunden plus Anfahrt vergütet. Zur Kundgebung kam nur eine Minderheit.
Viele  ArbeiterInnen und Angestellte fuhren nach Hause. Manche sind skeptisch. Andere leugnen wie die AfD, dass die Erderwärmung durch Menschen verursacht wird. Sie lehnen jede Veränderung ab. Doch im Vergleich zur Demonstration am 8. November 2016 in Brüssel war die Kundgebung am 28. Oktober ein Fortschritt:
Damals protestierten 15.0000 europäische StahlarbeiterInnen, darunter eine große Delegation von Thyssenkrupp Steel, für Importbeschränken von China-Stahl und gegen verschärfte Umweltauflagen der EU-Kommission.
Fünf Jahre später kamen die KollegInnen zur Kundgebung der IG Metall, weil sie die Umstellung der Produktion auf grünen Stahl für notwendig halten und als Chance begreifen. Nicht zufällig demonstrierten die Auszubildenden von TK-Steel und von HKM lautstark vom Ausbildungszentrum zum Kundgebungsplatz. Es sind die Jüngeren, die die größte Nähe zur weltweiten Klimabewegung haben.
Mit anderen Worten: In der ArbeiterInnenklasse findet ein Umdenkungsprozess statt. Der wird von Fridays vor Future weit weniger beeinflusst als etwa von den Erfordernissen der internationalen kapitalistischen Konkurrenz. Wie auch immer: Vor 5 Jahren demonstrierte die Nachhut der Stahlarbeiter in Brüssel gegen Umweltauflagen. 2021 ist der harte Kern für grünen Stahl. Das ist ein großer Fortschritt!
Woher kommt die Zahl 500 Milliarden?
Die „Stiftung 2°“ der Thyssenkrupp AG, Salzgitter und 67 anderen Konzernen schreibt: „Der Staat ist der größte Auftraggeber in Deutschland. In der öffentlichen Beschaffung werden pro Jahr etwa  500 Milliarden Euro investiert. Damit verfügt die öffentliche Hand über einen kraftvollen klimapolitischen Hebel, der deutlich stärker als bisher genutzt werden muss, um Leitmärkte für nachhaltige und kreislauffähige Produkte zu schaffen. Die Bundesregierung sollte eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft starten und Investitionen, Projekte sowie Vergabekriterien der öffentlichen Hand systematisch auf Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit ausrichten. Öffentliche Finanzmittel müssen verstärkt genutzt werden, um privates Kapital für Investitionen in klimaneutrale Zukunftstechnologien zu mobilisieren. Bei der Finanzierung der Transformation kommt der Finanzwirtschaft eine zentrale Bedeutung zu. Um dieser gerecht zu werden, braucht es zügig eine zielorientierte und praxistaugliche Regulatorik für die deutsche und europäische Finanzbranche“ (stiftung2grad.de).
Wieviel Euro Thyssenkrupp, Salzgitter, Adidas, Aldi, Allianz, Bayer, Deutsche Wohnen, DZ Bank, EnBW, E.ON,  GLS Bank, HeidelbergCement, Hugo Boss, IKEA, Miele, MTU, Otto Group, Puma, REWE, Rossmann, Vattenfall & Co von der „Stiftung 2°“ investieren wollen, lassen die Konzerne offen. Wie in der Finanzkrise 2008 schreien die glühenden Verteidiger der freien Marktwirtschaft wieder einmal nach staatlichen Hilfen und staatlicher Regulation. Die Kosten für die Umstellung auf grüne Produktion sollen wir SteuerzahlerInnen tragen. Die Profite nach der Umstellung wollen die KapitalistInnen einstreichen. Sage mir, wieviel du investierst und ich sage Dir, ob Du es mit der Umstellung auf grüne Produktion ernstmeinst.

Investitionsfonds und Staatsbeteiligung
Da nicht klar ist, wieviel hundert Milliarden Euro die Kapitalisten in die Umstellung auf grüne Produktion investieren, ist auch unklar, ob sie sich an einem öffentlichen Investitionsfonds beteiligen. Der bürgerliche Schriftsteller Frank Schätzing empfahl in den Tagesthemen am 29.10.21, einige 100 Mrd. Euro Rücklagen für ein Investitionsmodell mit hohen Renditechancen für Zukunftstechnologien zu bilden. Schätzing: „Der Staat sollte Klimafonds auflegen, in denen sowohl staatliches Kapital, als auch Firmenkapital und Privatkapital zusammenkommt“. Der angebliche Umweltexperte schlägt also gemeinsame Fonds von Staat und Kapitaleignern vor.
Sahra Wagenknecht (Die Linke) hält im IG Metall Magazin 80 Mrd. Euro an jährlichen Mehrinvestitionen für den Umbau der Industrie erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen. Im Unterschied zu Schätzing schlägt sie einen „öffentlichen Transformationsfonds“ vor, „der sich dauerhaft an Industrieunternehmen beteiligt“ (Metall11-12/2021, S. 21). Selbst dieser Schritt vorwärts würde auf den hartnäckigen Widerstand der Kapitalisten stoßen.

Gießkanne oder Plan?
Wenn die Umstellung der gesamten Wirtschaft auf grüne Produktion nach dem Gießkannenprinzip mit Projekten für viele einzelne Unternehmen erfolgt, dann wird sie sich als ineffizient erweisen. Als zusätzliche Bremsen werden in einer neuen Regierung SPD und vor allem FDP wirken. Die Umstellung erfordert einen staatlichen grünen Plan, der alle Bereiche der Wirtschaft erfasst und die grüne Produktion innerhalb von zehn Jahren umsetzt. Ein solcher Plan macht die Übernahme der Stahlindustrie notwendig nach dem Motto: Grüner Stahl in Öffentliche Hand!

Wo bleibt die Staatsbeteiligung der IG Metall?  
In ihrem Flyer zur Kundgebung vor Thyssenkrupp forderte die IG Metall-Bezirksleitung von einer zukünftigen Bundesregierung „500 Milliarden Euro öffentliche Zukunftsinvestitionen bis 2030“. Zur Berliner Kundgebung der IG Metall berichtete die Tagesschau vom 29.10.2021: „500 Milliarden Euro Steuergelder sind für die Energiewende eingeplant“. Die IG Metall übernahm damit nur eine Forderung, die von den Kapitalisten der „Stiftung 2°“ vage aufgestellt wurde. Das ist Lobby-Politik. Dazu brauchen wir keine IG Metall. Das fordern die 69 Unternehmen alleine.
Bei der Forderung der IG Metall-Bürokratie bleibt auch völlig unklar, ob der Staat 500 Mrd. Euro zahlen soll und die Unternehmen ebenfalls 500 Mrd. Euro beisteuern sollen. Als IGM-Mitglieder, die wir sind, gingen wir bisher davon aus, dass die Gewerkschaftsführung mehr als gar nichts von den Kapitalisten fordert. Sollten die 500 Mrd. Euro jedoch die Gesamtkosten für den grünen Umbau bis 2030 darstellen, dann sollte der Staat und die Kapitalisten jeweils die Hälfte, also je 250 Mrd. Euro zahlen.
Vor einem Jahr mobilisierte uns die IG Metall nach Düsseldorf, um für eine Staatsbeteiligung zu demonstrieren. Das war eine neue Forderung und ein Schritt nach vorn. Doch in ihrem Flyer zum 29.10.21 ließ die IG Metall-Bezirksleitung NRW die Forderung nach Staatsbeteiligung fallen. Auch auf der Kundgebung in Hamborn war nicht mehr davon die Rede. So sehr die Kapitalisten Staatshilfen wollen, so heftig lehnen sie eine Staatsbeteiligung an Unternehmen ab. Darin werden sie von CDU, AfD, FDP und der SPD-Spitze unterstützt. Für Staatsbeteiligung zu mobilisieren, bedeutet Klassenkampf! Den scheut die IGM-Bürokratie wie der Teufel das Weihwasser.
Doch wenn nicht jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um die Forderung nach Staatsbeteiligung in die öffentliche Diskussion zu bringen, wann dann? Jeder Euro Staatshilfe für grüne Produktion muss in staatliche Beteiligung an den Unternehmen umgewandelt werden!

Thyssenkrupp Steel konkret
Gewerkschaftspolitik konkretisiert sich im Betrieb. Wenn die Umstellung auf grünen Stahl Thyssenkrupp Steel 10 Mrd. Euro kostet, was zahlt dann die Thyssenkrupp AG? Wenn die Umstellung der Stahlindustrie der BRD auf grünen Stahl 30 Mrd. Euro kostet, was zahlen dann die Stahlkonzerne? Wenn die Umstellung auf grüne Produktion 500 Mrd. Euro bis 2030 kostet, was zahlen dann die Kapitalisten?
Es handelt sich um eine gemeinsame Aufgabe des kapitalistischen Staates und der kapitalistischen Klasse. Jeder soll die Hälfte der Kosten tragen. 5 Mrd. Euro, 15 Mrd. Euro und 500 Mrd. Euro.
Es ist Aufgabe der IG Metall, für jedes einzelne Metall- und Stahlunternehmen zu konkretisieren, wieviel Milliarden oder Millionen Euro die Bosse in Klimaneutralität investieren sollen!
Hinzu kommt für Thyssenkrupp Steel ein besonderes Problem. Die erste Direktreduktionsanlage, die einen bisherigen Hochofen ersetzt, kostet 1 Mrd. Euro, deren Bau überwiegend von der Thyssenkrupp AG bezahlt wird. Aber wieviel von den zehn benötigten Milliarden Euro für grünen Stahl zahlt die Thyssenkrupp AG? Viele KollegInnen teilen unsere Befürchtung, dass die oft angekündigte völlige Ausgliederung der TK Steel allein dem Zweck dient, die TK AG mit ihren Finanzinvestoren aus der Finanzierung des grünen Stahls herauszuhalten.

Wo war Fridays for Future?
Der bundesweite Aktionstag der IG Metall war zwar an einem Freitag, aber in Duisburg und auch anderswo beteiligte sich Fridays for Future nicht. Das ist bedauerlich. Wie groß die sozialen Unterschiede zwischen GymnasiastInnen und StahlarbeiterInnen auch sein mögen: Die Debatte über die Klimakatastrophe hat FFF angestoßen. Fridays for Future hätte sich mit eigenen RednerInnen auf jeder Kundgebung einbringen können. So verpasste FFF am 29. Oktober eine große Chance, seine Ideen dem interessierten Teil der ArbeiterInnenklasse vorzustellen.


RIR, Duisburg 03.11.2021




- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -

Tarifrunde Stahl
Wo die Richtung hingeht …
In der Tarifrunde Stahl wurde eine Chance verpasst. Der Abschluss ist ein tarifpolitischer Rückschritt.
Im Vorfeld der Tarifrunde rollte eine Welle der Empörung durch die Belegschaft von Thyssenkrupp: Der paritätisch besetzte Aufsichtsrat hatte mit voller Zustimmung der ´Arbeitnehmerbank` dem Konzernvorstand für das Geschäftsjahr 2019/20 eine „Sondervergütung“ als Teil einer „erfolgsabhängigen Vergütung“ über 500.000 Euro für Frau Merz bzw. je 200.000 Euro für Keysberg und Burkhard bewilligt. Dabei hatte die Thyssenkrupp AG im letzten Geschäftsjahr einen Fehlbetrag von 5,5 Mrd. Euro eingefahren und kündigte den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen an. Selbst auf der Hauptversammlung bestimmte die „Erfolgsprämie“ die Diskussion. Namentlich die Kleinaktionäre wurden sauer, bleiben doch die Dividenden aus. Die Empörung über den Vorstand war allgemein. Die subjektiven Voraussetzungen für einen Streik waren gegeben.

Die Umsätze explodieren
Die objektiven Bedingungen für die Tarifrunde waren im ersten Quartal Oktober-Dezember 2020 gut und verbesserten sich täglich. Im zweiten Quartal Januar bis März explodierten die Umsätze und Preise der Stahlindustrie. Kunden mussten ihre Produktion drosseln, weil sie nicht genug Stahl geliefert bekamen. Damit waren auch die objektiven Voraussetzungen voll erfüllt, um mit einem Streik Wirkung zu erzielen.

Das Klasseninteresse der Stahlkapitalisten
Vor diesem Hintergrund hatten die Stahlkapitalisten nur ein Bestreben: die Tarifrunde vor den Veröffentlichungen der Zahlen des Quartals Januar-März 2021 über die Bühne zu bringen. Denn deren Bekanntwerden hätte die Erwartungen der StahlkocherInnen hochgeschraubt. Jedes unzureichende Ergebnis wäre auf Kritik gestoßen. Das musste verhindert werden. Aber für einen gemäßigten Tarifabschluss brauchten die Stahlkapitalisten Verbündete.

Die IG Metall geht in die Tarifrunde
Für die IG-Metall-Bürokratie steckte „die nordwestdeutsche Stahlindustrie in einer schwierigen Lage“. Deshalb mahnte sie, „eine Forderung mit Augenmaß aufzustellen“. Die Vertrauenskörperleitung von Thyssenkrupp sah keinen Stahlboom, sondern „schwere Zeiten“. Entsprechend bescheiden war die Forderung von 4 Prozent.
Die IGM-Bürokratie und ihr betrieblicher Anhang gingen so in die Tarifrunde, wie sie auch die vergangenen Konflikte bewältigt hatten: Mit den Stahlmanagern in Brüssel gegen Klimaauflagen der EU protestieren; erst gegen die Fusion mit Tata-Steel antreten, um ihr dann zuzustimmen; ohne eine Mrd. Euro für die Umstellung auf grünen Stahl festzulegen, die Abspaltung der Thyssenkrupp-Steel von der Thyssenkrupp AG bewilligen. Für den Abschluss eines Zukunftspakts Stahl mit zukünftiger Beschäftigungsgarantie wurden erst dem Abbau von 3.000 Arbeitsplätzen zugestimmt, um dann einem weiteren Abbau von 750 Arbeitsplätzen zuzustimmen – trotz bestehender Beschäftigungsgarantie per Tarifvertrag.
Entsprechend bescheiden sahen die Aktivitäten in der Tarifrunde aus: ein paar hundert KollegInnen hier, ein paar Hundert dort. Es wurde weder auf Vollstreik orientiert, noch sollte zurückgeholt werden, was 2020 verloren wurde.

Was bleibt von 500 Euro brutto?
Das Ergebnis sieht beim Entgelt wie folgt aus: Bis zum 31.05.22 gibt es 500 + 250 + 250 Euro = 1.000 Euro für 15 Monate (800 Euro auf 12 Monate). Die Hälfte der 1.000 Euro ist steuer- und sozialabgabenpflichtig d.h. ein Bruttobetrag. Wenn 250 Euro im Dezember und 250 Euro im Februar ausgezahlt würden, dann werden wir nach Abzug der Lohnsteuer, Sozialversicherung usw. sehr wenig davon merken.
Aber von den 1.000 Euro können 500 Euro in Freizeit umgewandelt werden. Das heißt dann „Zahlung zur Beschäftigungssicherung“. Das kennen wir bereits. Letzten Sommer wurden 1000 € Urlaubsgeld mitten in der Kurzarbeitsphase in 5 Tage Urlaub umgewandelt.

Corona hält für alles her
Von dem Entgelt sind 500 Euro eine einmalige „Corona-Beihilfe“. Was Corona mit unserem Entgelt zu tun hat, konnte uns noch niemand erklären. Wir haben aber noch gut die Worte von Vorstand Osburg (TK-Steel) im Ohr: „Die Pandemie hat unsere Finanzlage nochmals dramatisch verschärft …. Wir müssen daher auch über weitere Personal- und Kostenmaßnahmen sprechen“. Erst dient Corona als Begründung für „Kostenmaßnahmen“, die wir nicht zu verantworten haben, dann dient die Pandemie als Begründung für das glatte Gegenteil: „Corona-Beihilfe“.

Entgeltforderung ohne Diskussion
Die zukünftige  Entgeltstruktur hat die IGM-Bürokratie bereits festgelegt:  der eine Teil ist fest, der andere Teil in Freizeit wandelbar, wenn das Unternehmen Beschäftigungsprobleme hat. Die  600 Euro ab 28.02.2023 sind die wandelbare Hälfte, die „zur Beschäftigungssicherung“ in Freizeit dient. Die feste Hälfte werden wahrscheinlich auch 600 Euro sein. Die Stahlkapitalisten bekommen einen Blankoscheck und wir gucken wieder einmal in die Röhre. Damit haben die IGM-Bürokraten die nächsten Tarifrunden ab 2023 vorentschieden - ohne jede demokratische Diskussion, ohne auch nur mit einer Vertrauensfrau, mit einem Vertrauensmann die Forderungsstruktur zu diskutieren.
Mit der Umstellung auf grünen Stahl werden die Stahlkapitalisten auf Jahre eine Begründung finden, die Hälfte der Entgelterhöhung in Freizeit umzuwandeln.  Wird uns jetzt schon nur die Hälfte der Entgelterhöhung ausgezahlt, weil bei Thyssenkrupp-Steel 3.000 + 750 Arbeitsplätze vernichtet werden?

TV Beschäftigungssicherung
In der Stahltarifrunde wurde neben den Tarifverträgen Altersteilzeit und Werkverträge auch der Tarifvertrag Beschäftigungssicherung verlängert. Für seine Einführung und für jede Verlängerung werden in den Tarifverhandlungen Entgeltbestandteile angerechnet. Eigentlich sind damit  betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Doch der zusätzliche Abbau von 750 Arbeitsplätzen bei TK-Steel zeigt: Die Beschäftigungssicherung ist nicht das Papier wert, auf dem sie steht. Für ein Messer ohne Griff zahlen wir den doppelten Preis: mit weniger Entgelt und mit 750 Arbeitsplätzen.

Die 4-Tage-Woche bezahlen wir
Die Metallkapitalisten jubeln über einen ähnlichen Abschluss wie bei Stahl, weil mit der IG Metall „erstmals ein automatisch wirksamer Entlastungsmechanismus für krisenbetroffene Betriebe vereinbart worden“ ist, könnte, so NRW-Bezirksleiter Giesler, „Das Geld aus der Einmalzahlung und aus anderen(…) dazu verwendet werden, die Arbeitszeit auf eine 4-Tage-Woche zu verkürzen“ (Tagesspiegel 30.03.21).  Wir zahlen also zukünftig unsere Arbeitszeitverkürzung selbst. Im Kampf um die 35-Stunden-Arbeitswoche wurde noch die Bezahlung durch die Kapitalisten durchgesetzt.

Was wird aus der IG Metall?
Das Motto der metallzeitung "vom Betrieb aus denken" spricht für das Denken der Gewerkschaftsbürokraten. Für sie geht es weder um gewerkschaftliche Basisarbeit, noch um Fortschritte für alle Lohnabhängigen, sondern um einzelbetriebliche Lösungen. Da werden die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen  (explodierende Stahlpreise und Umsätze) nicht genutzt, weil das Einzelunternehmen am meisten zählt.

RIR, Duisburg, 08.04.2021



- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -




Landtag NRW diskutierte über Thyssenkrupp
Kein Kredit für bürgerliche Stahlpolitik!
Am 27.11.2020 debattierten die Parteien im Landtag NRW in einer aktuellen Stunde über die Lage von Thyssenkrupp und die Perspektiven von Thyssenkrupp-Steel.
Die AfD ist gegen einen Einstieg des Staates bei Thyssenkrupp Steel. Hauptverantwortlich für die Krise von Thyssenkrupp Steel (TKS) sei neben Managementfehlern die Regierungspolitik, die den Kernenergie- und Kohle- und den Automobilsektor zerstöre. Hinzu käme das Stahldumping der „chinesischen Kommunisten“.

Die in NRW regierende Koalition CDU-FDP will keine Landesbeteiligung an Thyssenkrupp Steel, weil sie, wenn auch nicht deutlich ausgesprochen, auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes setzt. Gespräche mit dem britischen Stahlhersteller Liberty Steel seien positiv verlaufen, die Abtrennung des Stahlgeschäfts und die Fusion von ThyssenKrupp mit einem anderen Stahlkonzern notwendig. Überkapazitäten müssten abgebaut werden.

Die SPD fordert den Einstieg des Landes NRW bei Thyssenkrupp Steel. Der nicht ganz falsche Vorschlag ist bloße Parteitaktik, ist doch die SPD in Berlin an den Verhandlungen über einen Einstieg des Bundes bei TKS mittels des Wirtschaftsstabilisierungsfonds beteiligt.

Die FDP lobte die Vorstandsvorsitzende Merz der Thyssenkrupp AG (TK). Sie gehe nun die Probleme an: Ihr Plan sehe vor, eine Sparte zu verkaufen und das Stahlgeschäft abzutrennen. Das Kaufangebot von Liberty Steel sei gut begründet.

Die Grünen schlagen für den Umbau von Thyssenkrupp Steel auf die Produktion von grünem Stahl eine Beteiligung des Bundes über den WSF vor. Sie fordern den Verzicht der Manager auf Boni und der Aktionäre auf Dividenden. Zu einer möglichen Stahlfusion sagten die Grünen nichts, kritisierten aber den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen bei TK und fordern ein Moratorium (d.h. ein Stopp) von Werksschließungen.

Wenig Ahnung, seichte Kritik
Abgehoben wie die bürgerlichen Parteien sind, glänzten die Redner nicht durch Sachkenntnis. Ein AfD-Sprecher ging von über 160.000 statt von 103.000 Mitarbeitern bei Thyssenkrupp aus. Er hatte den Verkauf der TK-Elevator übersehen. Die seichte Managerkritik der SPD konzentrierte sich im Landtag auf die Beschäftigung eines Herrn Desai beim Kaufinteressierten Liberty Steel als eine Art Verrat des ehemaligen TK-Stahlchefs, der früher ein Hauptbeteiligter am brasilianischen Abenteuer gewesen sei. Dabei beschloss der TK-Aufsichtsrat das Projekt eines neuen Stahlwerks, mit dem 12 Mrd. Euro in den Sümpfen Brasilien versenkt wurden, im Jahr 2004/2005, als Desai noch gar nicht bei Thyssenkrupp Steel eingestellt war.

Über Managerkritik am Brasilienabenteuer kam die Kritik der Parteien nicht hinaus. Niemand erwähnte die bei der Thyssenkrupp AG dominierenden Finanzkapitalisten. Vor dem Kapital und den Aktionären macht die Kritik jeder bürgerlichen Partei halt. Zwar bedauerten alle Landtagsparteien den Arbeitsplatzabbau. Aber eine konkrete Kritik an der Kahlschlagpolitik der Vorstände Merz, Burkhard und Keysberg äußerte kein einziger Redner. Zum Jahresabschluss bekamen die drei Vorstandsmitglieder, wie die Abgeordneten unschwer im Geschäftsbericht hätten nachlesen können, bei 5,5 Mrd. Euro Jahresfehlbetrag eine Erfolgsprämie von 500.000 bzw. 200.000 Euro.

Dort steht auch, dass sich durch den Verkauf der TK Elevator das Eigenkapital auf 10,2 Mrd. Euro und das Nettofinanzguthaben auf 5,1 Mrd. Euro erhöhte. TK-Steel sieht sich, verschärft durch die Corona-Pandemie, wachsender Konkurrenz auf dem Weltstahlmarkt ausgesetzt. Der Kampf gegen die Klimazerstörung verlangt eine Umstellung der Industrie auf nachhaltige Produktion. Um grünen Stahl herzustellen, braucht Thyssenkrupp 10 Mrd. Euro Investitionen. Thyssenkrupp ist schwer angeschlagen, aber nicht pleite.

Der Weltstahlmarkt
Der Weltstahlmarkt expandierte bis 2018. China steigerte seine Produktion in den letzten zwei Jahrzehnten um das über Siebenfache und Indien um das Vierfache. In China wird etwa die Hälfte des Weltstahls hergestellt. Bis zur Corona-Pandemie konnten die EU und Japan ihre Produktion halten. Die der USA sank.

Bis 2015 war der weitaus größte Konzern auf dem Weltstahlmarkt der europäisch-indische Stahlkonzern ArcelorMittal mit Sitz in Luxemburg. Das liegt bekanntlich in der EU und nicht in China. Seit 2019 hat die China Baowu Steel Group zu ArcelorMittal aufgeschlossen. Mit der 26. Wirtschaftskrise des Kapitalismus herrscht auf dem Weltstahlmarkt Überproduktion, die durch Corona verschärft wurde. Die Konkurrenz der beiden Stahlriesen erhöht den Druck auf andere Stahlhersteller wie Thyssenkrupp, das 2019 auf Platz 35 der Weltrangliste lag, zu größeren Einheiten zu fusionieren und Überkapazitäten zu vernichten. Das war und ist der Hintergrund für die hartnäckigen Fusionsabsichten von Thyssenkrupp Steel.

Wer mit wem fusioniert, ist offen. In der EU spricht jeder mit jedem. SSAB führt Gespräche mit Tata Steel Europe, die bei Hoogovens an grünem Stahl forscht. SSAB ist aber nicht an englischen Tata-Werken interessiert, so dass bei einer Fusion eine Aufspaltung von Tata-Steel drohen würde. Liberty Steel (LS) mit Sitz in London hat an Thyssenkrupp Steel Interesse, um nach dem Brexit ein stählernes Standbein in der EU zu haben und an Forschungen über grünen Stahl beteiligt zu sein. Ohne einen großen Stahlhersteller in der EU taugen Liberty Steels Expansionspläne allenfalls für die Schrottbox, denn LS leidet stark unter dem Rückgang des Stahlmarkts in England durch den Brexit und durch die Corona-Pandemie.

CO2: Wendung um 180 Grad
Die weltweite Bewegung gegen die Klimazerstörung hat vielen die Notwendigkeit der Umstellung der Industrie auf CO2-arme Produktion bewusst gemacht. Allein Thyssenkrupp produzierte bislang 24 Mio. Tonnen Kohlendioxid jährlich. Die plötzliche Wendung der Stahlkonzerne zu grünem Stahl ist jedoch nicht auf umweltpolitische Einsicht, sondern auf massive Kapitalinteressen zurückzuführen.

Gestern waren die deutschen Stahlkapitalisten gegen jeden Kompromiss in der Klimafrage. Sie verteidigten ihre Extra-Profite aus dem Emissionshandel von 763 Mio. Euro (2005-2012), die weiterfließen sollten. TK-Steel bezahlte ArbeiterInnen, um in Brüssel gegen die Klima-Auflagen der EU zu protestieren, und finanzierte einen Professor, für den CO2 „gut für den Planeten“ war. Den Kurs von TK bestimmten die Finanzkapitalisten, die allein Interesse an kurzfristigem Profit und nicht an langfristigen Umbauplänen haben. Sie wollen den Verlustbringer TK Steel unbedingt loswerden. Jede Milliarde Euro mehr für grünen Stahl ist eine Milliarde weniger für die Aktionäre. FDP-Minister Pinkwart konnte und wollte in der Landtagsdebatte jedoch nur die Folgen der Corona-Krise sehen, die Thyssenkrupp davon abhielten, in die notwendige Umstellung auf grünen Stahl zu investieren.

Heute sehen die deutschen und europäischen Stahlhersteller in der Produktion von grünem Stahl die einmalige Chance, die EU gegen Stahlimporte abzuschotten. Wenn für jedes Auto, jede neue Brücke, jeden Stahlträger im Hochhausbau und für jedes neue Kriegsschiff der Nachweis erbracht werden muss, dass sie mit grünem Stahl in einer nachhaltigen Lieferkette produziert werden, dann werden viele Nicht-EU-Stahlhersteller aus den Angebotsverfahren herausfallen. Diese langfristige Politik wird von der Bundes- und den drei beteiligten Landesregierungen unterstützt.

Umgekehrt werden die Stahlkonzerne wie SSAB, die ab 2026 grünen Stahl herstellen wollen, Extra-Profite einstreichen. Es ist die kapitalistische Konkurrenz, die die europäische Stahlindustrie zwingt, nicht bis 2050, sondern schon bis 2030 grünen Stahl zu produzieren. So will z.B. Liberty Steel bis 2030 CO2-neutral produzieren und dafür den EU Green Deal unterstützen d.h. über eine Fusion mit Thyssenkrupp an Technologie und an Fördergelder der EU und der BRD kommen. Wer als EU-Stahl-Produzent bis dahin nicht dabei ist, ist nicht nur aus dem EU-Stahlmarkt raus, sondern als Stahlkonzern tot.

Kapitalinteressen bei Thyssenkrupp
Die Geschäftsfelder von Thyssenkrupp bilden nicht mehr ein Ganzes, sondern eine „Group of Companies“. Stahl ist die größte „Company“ und das Herz des Konzerns. Ohne Stahl bleiben vom Konzern nur Einzelteile, die als „Companies“ weiter zerlegt, verkauft oder dicht gemacht werden können. Genau das ist das Interesse der verschiedenen Finanzkapitalisten, die über 30 % der Aktien der Thyssenkrupp AG besitzen und von denen CEVIAN der größte ist. Je schneller sie den Verlustbringer Stahl loswerden, um so früher können die Aktionäre bedient werden. Der Rest-Konzern soll zerschlagen werden, wofür die „Group of Companies“ die kürzlich geschaffene, passende Organisationsstruktur ist.

Durch die Konkurrenz auf dem Weltstahlmarkt und durch die notwendige Umstellung auf grünen Stahl haben sich jedoch die Interessenlagen verschoben. Der größte Hauptaktionär bei Thyssenkrupp ist mit 21% die Krupp-Stiftung, in der auch die Landesregierung NRW vertreten ist. Die Stiftung trug in der Vergangenheit die Vorgaben der Finanzkapitalisten mit, so dass sogar die Krupp-Nachfahren öffentlich gegen die Stiftungspolitik Stellung nahmen.

Hinter den Kulissen der Bundesregierung wird an der Bildung einer Deutschen Stahl AG gebastelt, die aus Thyssenkrupp, der Salzgitter AG und aus Saarstahl bestehen soll. Das Druckmittel der Bundesregierung sind die Milliarden Steuergelder, die für die Umstellung auf CO2-arme Produktion und des Energieweges in Aussicht gestellt werden. An einer Deutschen Stahl AG wäre der Bund über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds beteiligt. Entsprechende Debatten mit entsprechenden Arbeitsgruppen laufen seit Monaten zwischen Bund, Ländern und Konzernen. Zusätzliche Gelder kommen aus der EU. Der Bundesregierung geht es auch um eine grüne EU-Stahlindustrie. Daher ist sie einer Fusion mit einem weiteren EU-Stahlkonzern nicht abgeneigt. Die Landesregierungen NRW, Saarland und Niedersachsen, über Stiftungen bzw. Anteile an Thyssenkrupp, Saarstahl und der Salzgitter AG beteiligt, sind eingebunden. NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart avancierte in der EU bei verschiedensten Stahlkonzernen, um Fusionsmöglichkeiten auszuloten und um sich über den technischen Stand der Forschung an grünem Stahl zu informieren. Offen für eine Fusion meinte Pinkwart in der Landtagsdebatte über Thyssenkrupp Steel: „Wir werden dann über den einen oder anderen Standort reden müssen“.

Die Politik der IG Metall
In der Landtagsdebatte lobte Herr Pinkwart die Rolle der Gewerkschaften bei Thyssenkrupp als „sehr verantwortungsvoll“. Was das Kompliment des FDP-Politikers meint, ist die Einbindung der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat, der IG Metall-Bürokratie und der Betriebsratsspitzen der großen Stahlwerke in die neue herrschende Stahlpolitik.

Die führenden IG Metall-Funktionäre im Stahlbereich, die sich früher über ´linke Spinner` mit ihren Enteignungsforderungen lustig machten, treten nun für eine Staatsbeteiligung an Thyssenkrupp ein. Sie, die - wie jetzt der SPD-Redner im Landtag - auf jeder Kundgebung deutschen Stahl für den „saubersten Stahl der Welt“ hielten, sind plötzlich für die Umstellung auf grünen Stahl. Die Politik zur Bildung einer Deutschen Stahl AG und zur Umstellung auf grünen Stahl wird unterstützt. Gut möglich, dass der zusätzliche Abbau von 5000 Arbeitsplätzen (zu den bisher 6000) bei Thyssenkrupp und der geplante Abbau von 1.500 Arbeitsplätzen bei der Dillinger Hütte und bei Saarstahl bereits in Hinblick auf die Bildung einer Deutschen Stahl AG erfolgen.

In der betrieblichen Praxis sieht die Politik der IG Metall konkret so aus:
• Mit dem Tarifvertrag Zukunftspakt Stahl 20-30 wurde dem Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen zugestimmt, ohne den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen auszuschließen.
• Für das Werk Thyssenkrupp Süd in Hüttenheim bietet der Tarifvertrag keine Zukunft, sondern bedeutet das „AUS“.
• Es wurde keine einzige Milliarde Euro als Investition in grünen Stahl festgeschrieben, obwohl die Thyssenkrupp AG 17 Mrd. Euro durch den Verkauf von TK-Elevator einnahm.

Das sind gleich drei Bankrotterklärungen auf einmal.

Zwar haben IG Metall-Bürokratie und Betriebsratsspitzen über die gewerkschaftlichen Aufsichtsräte und die paritätische Mitbestimmung erheblichen Einfluss bei der TK AG. Aber sie waren an allen krassen Fehlentscheidungen beteiligt. Als Aufsichtsräte stimmten sie für die Investitionen in Amerika. Sie waren erst gegen die Fusion mit Tata-Steel, dann kippten sie um und waren dafür. Das wertete ein Landtagssprecher der CDU als „verantwortlich agieren“.

Zuletzt bewilligte der Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG der Vorstandsvorsitzenden Merz 500.000 Euro und den Vorständen Burkhard und Keysberg 200.000 Euro Erfolgsprämie. Auch die „Arbeitnehmervertreter“ stimmten dafür. Der Skandal, der von unserem Betriebsflyer was tun am 23.11.20 aufgedeckt wurde, sorgte angesichts der Abbaupläne und der Verlustzahlen in der Belegschaft für große Empörung.

Revolution von oben
Die Umstellung der Industrie auf grüne Produktion ist eine kapitalistische Revolution von oben. Sie wird von den bürgerlichen Parteien unterstützt, deren modernste die Grünen sind. Für die neoliberale, rassistische Spießerpartei AfD, die die menschengemachte Klimazerstörung leugnet, ist für die Umstellung auf grüne Produktion nicht die kapitalistische Konkurrenz, sondern die Politik verantwortlich. Die Finanzkapitalisten und die AfD brauchen keinen grünen Stahl.

Offensichtlich war die ArbeiterInnenklasse nicht in der Lage, die Klima- und Umweltzerstörung durch eine Revolution von unten zu stoppen. Im Gegenteil: In vielen Ländern sind ArbeiterInnen der Umstellung der Industrie auf CO2-arme Produktion feindlich gesinnt. Das zeigt z.B. in den USA auch die Unterstützung der Mehrheit der weißen ArbeiterInnen für Trump.

Der Aufruf des Sprechers der Grünen im Landtag an die Landesregierung zum Kampf um die Arbeitsplätze bei Thyssenkrupp war in den Wind gesprochen. Die bürgerlichen Parteien CDU, FDP und SPD sind für die Abspaltung der TK-Steel von der Mutter. Mit einer Fusion kalkulieren sie Standortschließungen und massiven Arbeitsplatzabbau ein.

Die ArbeiterInnenklasse könnte mit Aktionen verhindern, dass die umweltpolitisch notwendige Umstellung auf grünen Stahl nicht auf ihre Kosten, durch ihre Steuergelder und durch die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze, erfolgt. Dazu muss sie sich umorientieren und aktiv werden.

Belagern wir das Hauptquartier!
Das heißt für die StahlarbeiterInnen, dem Klassenkampf von oben den Klassenkampf von unten entgegensetzen:
• Keine Zerschlagung der Thyssenkrupp AG. Keine Ausgliederung der TK Steel. Keine Fusion mit Liberty Steel. Belagern wir das Hauptquartier Thyssenkrupp in Essen!
• Arbeitszeitverkürzung bis alle Arbeit haben, Einführung 4-Tage-Arbeitswoche;
• Erhalt aller Standorte des Konzerns einschließlich von Thyssenkrupp Süd in Hüttenheim;
• Enteignung der Finanzkapitalisten, Verstaatlichung der Stahlindustrie, Inbesitznahme der Betriebe durch die Lohnabhängigen d.h. die Sozialisierung der Stahlbetriebe;
• Mit Fridays for Future verbünden und sich an die Spitze der Bewegung gegen die Klimazerstörung stellen;
• Für die Umstellung der Autogesellschaft auf eine Gesellschaft des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs;
• Veränderung beginnt mit Opposition: In Betriebsräten und der IG Metall eine radikale Opposition gegen die sozialpartnerschaftlichen Betriebsratsspitzen bzw. gegen die Gewerkschaftsbürokratie aufbauen.


RIR, Duisburg. 06.12.2020


- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -




Thyssenkrupp: Beteiligung, Verstaatlichung, Sozialisierung?
Die Diskussion hat begonnen…
Die Mobilisierung der Belegschaften von Thyssenkrupp Steel am 16. Oktober nach Düsseldorf war nicht gut. Nicht 3.000, sondern 1.500, höchstens 2.000 der 27.000 KollegInnen waren aus den verschiedenen Betrieben nach Düsseldorf gekommen. Das liegt nicht nur an den Corona-Auflagen. Die Mobilisierung in Düsseldorf war kein Auftakt zum Kampf. Aber die Diskussion hat begonnen, was das Ziel unseres Kampfes sein soll.
Auf der Kundgebung verunsicherte das kurzfristig bekannt gewordene Kaufangebot des britischen Konzerns Liberty-Steel für Thyssenkrupp Steel (TKS). Vielleicht ist das sogar Zweck der Sache. Denn ein „nicht bindendes Gebot“ ist kein Angebot.
Auch die Forderung nach einer Staatsbeteiligung ist neu. Das war bisher nicht die Position der IG Metall.

Am Rande des Abgrunds
Die internationale Konkurrenz der Stahlkonzerne, der Konjunkturrückgang durch die Corona-Pandemie, die notwendige Umstellung auf grünen Stahl und ein unfähiges Management haben dazu geführt, dass der Konzern Thyssenkrupp und damit auch die TK Steel am Rande des Abgrunds stehen. Die 12 Mrd. Euro Fehlinvestitionen in den Sümpfen Amerikas fehlen heute für eine Umstellung auf grünen Stahl.

Das Management
Die TK-Vorstandsvorsitzende Frau Merz zieht alle fünf Monate eine neue Strategie aus dem Hut. Der Vorstand, in dem der Arbeitsdirektor von der IG Metall gestellt wird, möchte nun eine Staatsbeteiligung. Die verschiedenen Finanzinvestoren, die insgesamt über 30 Prozent der Aktien besitzen, möchten von den 17 Mrd. Euro für den Verkauf der TK-Elevator einsacken. Jede Milliarde mehr für die Umstellung auf grünen Stahl ist eine Milliarde weniger für die Aktionäre.

Die IG Metall-Bürokratie
Kaum klingelten die 17 Mrd. Euro in den Kassen des Konzerns, wurden die Rufe der IG Metall-Bürokratie und der IGM-Betriebsräte nach einer Staatsbeteiligung laut. Die IGM möchte eine Beteiligung des Landes NRW bzw. des Bundes an Thyssenkrupp, damit der Staat 10 Milliarden Euro für die Umstellung auf grünen Stahl (bis 2050!) zahlt. Eine Offenlegung, wie viele der 17 Milliarden Verkaufserlös bereits ausgegeben wurden (wahrscheinlich 10 Mrd. Euro für Schulden und Verluste), bleiben uns bis heute die IGM-Aufsichtsräte schuldig. Sie sitzen nur deshalb im Strategieausschuss des Konzerns, um ihre Aufsichtsratsvergütung zu kassieren.
Wieviel zahlt Thyssenkrupp für grünen Stahl? Diese Frage wollen die IGM-Bürokraten schon deshalb nicht beantworten, weil ihre Perspektive nur bis 2030 reicht und im Tarifvertrag Zukunftspakt Stahl 20-30 keine einzige Milliarde Euro für grünen Stahl festgeschrieben ist. Wie konnten die IGM-Aufsichtsräte dem Verkauf der TK-Elevator zustimmen, ohne dass die Aufteilung der 17 Mrd. Euro vertraglich vereinbart wurde?

Grundsatzdebatte
Land und Bund sind bereit, Milliarden für die Umstellung auf grünen Stahl auszugeben. Dazu soll eine Deutsche Stahl AG gegründet werden, was noch auf Widerstände möglicher Beteiligter z.B. der Salzgitter AG stößt. Während in Beamtenkreisen des Wirtschaftsministeriums bereits über eine Vollverstaatlichung von Thyssenkrupp nachgedacht wurde, lehnen Altmaier und Laschet öffentlich bislang eine Staatsbeteiligung ab. Der CDU-Wirtschaftsrat und der Verband der Maschinenbaukapitalisten VDMA haben jede staatliche Beteiligung an Thyssenkrupp als ´systemgefährdend` diffamiert.

Drei linke Positionen
Die Partei Die Linke möchte Schlüsselindustrien in demokratische gesellschaftliche Eigentumsformen überführen und kapitalistisches Eigentum überwinden. Die Linke NRW fordert: „Schlüsselindustrien gehören in die öffentliche Hand“. Der linke Landesverband NRW hat leider diese richtige Grundsatzforderung verwässert. Er fordert unter Einfluss des saarländischen Beispiels eine Stiftungsmodell für die Stahlindustrie und Thyssenkrupp. Das saarländische Stiftungsmodell wurde nach der Pleite der Saarstahl AG 1993-2001 eingeführt. Die Montan-Stiftung Saar kontrolliert die Stahl-Holding-Saar. Die Belegschaft hat so wenig zu melden wie die von Thyssenkrupp.
Der Hauptaktionär von Thyssenkrupp ist bereits die Krupp-Stiftung, die all die Jahre einen sehr schädlichen Einfluss auf den Konzern ausübte. Eine Industriestiftung für NRW würde wie andere Stiftungen hierarchisch-diktatorisch funktionieren; die Belegschaften wären von allen Entscheidungen ausgeschlossen. Der Vorschlag der Linken könnte im Fall einer Pleite von Thyssenkrupp eine Notlösung sein.
Die MLPD hat sich gegen jede staatliche Beteiligung ausgesprochen. Öffentliche Gelder sollten lieber im Gesundheitswesen investiert werden. Wie die allgemeine Umstellung der Industrie auf CO2-arme Produktion ohne staatliche Hilfe erfolgen soll, braucht eine Partei nicht zu wissen, die gegen Zechenschließungen auftritt.
Seit 2016 haben wir in unserem Betriebsflyer was tun bei TK-Steel aufgrund der Schieflage des Konzerns die Vergesellschaftung der Stahlindustrie gefordert. In Kreisen der IGM-Betriebsräte und Vertrauensleute wurden wir lange belächelt. Auch viele KollegInnen konnten mit einer Sozialisierung wenig anfangen. Doch heute findet die Debatte in den Pausenräumen statt. Jetzt sind sogar die IG Metall-Bürokratie und ihre Berufsbetriebsräte gezwungen, die Staatsbeteiligung zu fordern, die sie früher abgelehnt haben. Morgen werden sie vielleicht die Vergesellschaftung fordern müssen.

Sozialisierung
Nur revolutionäre Maßnahmen können Thyssenkrupp-Steel retten.
Unsere Forderung der Sozialisierung umfasst mehrere Punkte:
• Die Umwandlung jeder staatlichen Finanzspritze an Thyssenkrupp in eine staatliche Beteiligung;
• Die Enteignung der Finanzkapitalisten bei Thyssenkrupp;
• Die Beschlagnahme der restlichen Milliarden aus dem Verkauf von TK-Elevator für Investitionen in grünen Stahl;
• Die Verstaatlichung von Thyssenkrupp, damit nicht die SteuerzahlerInnen Milliarden für die Umstellung auf grünen Stahl zahlen, aber Aktionäre davon profitieren;
• Eine Jobgarantie für unsere Arbeitsplätze bei radikaler Arbeitszeitverkürzung;
• Die Inbesitznahme von Thyssenkrupp durch die Beschäftigten. Abhängigkeit und Wahl aller Chefs und Leitungen durch die Teams, Abteilungs-, Bereichs- und Betriebsversammlungen.
So blöd ist keine Belegschaft, dass sie 12 Mrd. Euro in den Sümpfen Amerikas versenkt.

RIR 23.10.2020


- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -



Stahlkonferenz der Linkspartei diskutiert Vergesellschaftung
Am 24.03.2017 veranstaltete die Linkspartei eine Stahlkonferenz in Duisburg-Hamborn. In der offenen Debatte wurde kontrovers über den Emissionshandel, die Schutzzollpolitik, die Perspektive der Vergesellschaftung und oppositionelle Politik im Betrieb diskutiert.

Zwar kamen nur 35 Interessierte zur Stahlkonferenz der Partei Die Linke, doch das politisch und sozial recht unterschiedliche Spektrum versprach eine interessante Debatte.

Hier gehts zum vollständigen Artikel: Stahlkonferenz der Linkspartei in Hamborn

Sie ist ausschnittweise auf Bottrop TV zu sehen (www.riruhr.de/youtube.com/watch?v=7Qd8clm2Rew).







- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -

 
Thyssenkrupp-Steel: Solidarität mit unseren Kollegen in KW1
 Grolms und Burkhard raus aus der IG Metall!
 
 
Einladung zur Einschüchterung
 
Anfang September will die Personalabteilung Thyssenkrupp-Steel mit mehr als einem Dutzend Kollegen von Schicht 3 / KW1 Personalgespräche führen, um sie einzuschüchtern (RFN  24.08.2020). Ihnen drohen Abmahnungen wegen ´wildem Streik`, weil sie sich mit einem Kollegen solidarisiert hatten.
 
Im KW1 hatte mehr als ein Dutzend Kollegen für die Festeinstellung eines dort befristet arbeitenden Kranfahrers spontan eine Schicht gestreikt. In der Schicht zuvor hatten schon andere Kollegen nicht gearbeitet, um sich beim Bereichsbetriebsrat zu informieren. Der Streik war nicht erfolgreich. Der Kollege wurde leider nicht übernommen.

 
Personal-Leiter
 
Leiter der Personalabteilung TK Steel ist seit April 2020 der Arbeitsdirektor und im TKS-Vorstand für Personal zuständige Markus Grolms (IGM-Mitglied). Er war vorher stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender im TK-Konzern und trat dabei besonders unterwürfig und zuvorkommend gegenüber der Kapitalseite auf. Früher war Grolms Gewerkschaftssekretär beim IG Metall-Vorstand in Frankfurt.
 
Ohne Wissen und Einverständnis von Konzern-Arbeitsdirektor Oliver Burkhard (IGM-Mitglied) können solche Einschüchterungsgespräche nicht laufen. Burkhard war früher IG Metall-Bezirksleiter NRW. Als TK-Vorstand hat er vor allem ein Verdienst. Er ist zum IG Metall-Millionär geworden.
 
Der Weichgespülte und der Millionär, die sich nicht für die Übernahme eines Kranfahrers in KW1 einsetzen konnten, fühlen sich nun stark genug, zu versuchen, Stahlarbeiter einzuschüchtern.

 
Wie Streikbrecher
 
Wer Kollegen wegen eines Streiks abmahnen oder einschüchtern will, ist als Streikbrecher zu behandeln.  Grolms und Burkhard gehören aus der IG Metall ausgeschlossen.
 
Eines sollten sie auf dem weiteren Weg nach oben mitnehmen: Stahlarbeiter lassen sich nicht einschüchtern. Von niemandem. Erst recht nicht von Karrieristen wie Grolms und Burkhard.

 
Peter Berens, Oberhausen, 31.08.20



- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -




 
Solidarität mit Peter Römmele!
 
TKS verwarnte Peter Römmele (IGM-VKL). Warum?
Peter wurde wegen parteipolitischer Betätigung im Betrieb verwarnt. Er soll mit E-Mails zur Europawahl aufgefordert haben. Das Betriebsverfassungsgesetz untersagt leider dem Betriebsrat, sich parteipolitisch zu betätigen. Aber doch keiner Privatperson.

Angriff von TKS zurückweisen
Im Kapitalismus hört die Demokratie am Werkstor auf. Im Betrieb herrscht Diktatur (Direktionsrecht). TK möchte, dass das so bleibt.

Merkwürdiger Beigeschmack
Der Betriebsausschuss des Betriebsrates hat der Verwarnung zugestimmt. Will auch die Betriebsratsspitze einen Kritiker loswerden?




- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -


Tata will TKS ganz übernehmen
Was bringt uns die Zukunft bei Thyssenkrupp? Um das einschätzen zu können, ist der Tarifvertrag Zukunft Stahl wichtig. Aber viel wichtiger ist die Konzernpolitik von Thyssenkrupp und Tata-Steel. Die zieht in verschiedene Richtungen.

Was will Tata im Stahlsektor? Tata ist ein Mischkonzern. Die Tata-Familie möchte die Stahlkapazitäten massiv ausbauen (Business Standard 03.02.2007). Tata-Steel produzierte 2016 weltweit 24,5 Mio. t Stahl. Davon wurden nur 10,5 Mio. t Stahl von Tata-Steel in Europa hergestellt.

Das gemeinsame Stahlunternehmen (Joint Venture) TKS-Tata Steel würde in Europa 27,5 Mio. Tonnen Stahl produzieren. Es käme damit auf Platz 9 der Weltrangliste. Aber das Ziel von Tata ist mindestens der Platz 3, 4 oder 5 (siehe Tabelle). Tata-Steel will TKS zu 100% übernehmen. Mit TKS würde Tata Steel 41,7 Mio. t Stahl produzieren und auf Platz 5 der Weltrangliste landen.

Weltstahlproduzenten 2016 in Mio. t

(Platz 5 und Platz 9 virtuell)

Thyssenkrupp will aus Stahl raus
Thyssenkrupp will weg vom Mischkonzern, hin zum Industrie- und High Tech-Konzern. Die TK-Aktionäre wollen TKS endlich los werden. „One steel, one team“ heißt Hiesingers Sonderangebot. Deshalb ist in § 16 des Tarifvertrags Zukunft Stahl (TVZS) bereits von „einem etwaigen Rechtsnachfolger“ die Rede.

49,9 % können bald an die Börse
Thyssenkrupp hat 50 % Beteiligung am Joint Venture (JV). Das soll angeblich 6 Jahre so bleiben. Aber in § 2 Gesellschafterstellung/wirtschaftliche Verantwortung heißt es im Tarifvertrag Zukunft Stahl: „Bei ausgezeichneter wirtschaftlicher Entwicklung“ können Thyssenkrupp und Tata-Steel Europe das Gemeinschaftsunternehmen an die Börse bringen. Beide Konzerne halten „gemeinsam mindestens 50,1 Prozent der Anteile des JV“. Tata kann die Anteile kaufen, die Thyssenkrupp schnellstens loswerden will. Thyssenkrupp Steel wäre dann Teil des Tata-Konzerns.

Was der Tarifvertrag alles erlaubt
Wer nur auf die Paragraphen des Tarifvertrags Zukunft Stahl starrt, wird sich bald wundern, wo wir landen. Der Tarifvertrag Zukunft Stahl erlaubt Ausgliederung, Fusion, drastischen Arbeitsplatzabbau, mehr Arbeitshetze, Anlagenschließung und Umzug der zentralen Verwaltung der TKS.

§ 8 Beschäftigungssicherung – ein Messer ohne Griff
Die einzig wirkliche Beschäftigungssicherung gilt für die Ausbildungsplätze. Im § 14 Berufsausbildung heißt es: „Die bestehenden Aus- und Weiterbildungskapazitäten des JV bleiben erhalten“. Noch besser wäre es natürlich gewesen, die heutige Anzahl der Ausbildungs- und Weiterbildungsplätze im Tarifvertrag festzuschreiben. Aber für unsere Arbeitsplätze gibt es keine Festschreibung der „Kapazitäten“. In § 8 Tarifvertrags steht: „Betriebsbedingte Kündigungen (…) werden vor dem 30.09.2026 nicht stattfinden“. Die brauchen weder Hiesinger noch Tata-Steel. Tausende KollegInnen werden bis dahin in Rente gehen. Für ihre Arbeitsplätze gibt es keine „Beschäftigungssicherung“. Außerdem heißt es im § 8: „erforderlich werdende Personalanpassungen (werden) sozialverträglich gestaltet“. Schon jetzt klagen alle über Arbeitshetze durch Unterbesetzung. Die KollegInnen mit AÜG- und Werkvertrag sind ganz außen vor. Der so einmalige Erfolg der IG Metall ist ein Messer ohne Griff.

§ 9 Überkapazitäten und Anlagenschließung
Tata-Steel hat allein in Europa ca. 7,5 Mio. Tonnen Überkapazitäten. Diese werden durch das Joint Venture nicht kleiner. Tata-Steel will mehr Marktmacht und die Vernichtung von Überkapazitäten. Deshalb steht im Tarifvertrag Zukunft Stahl: „ (...) bleibt die Möglichkeit, dass einzelne Anlagen und/oder Bereiche einer Betriebsänderung unterzogen werden“. Und das werden nicht nur die in TVZS-Anlage 1 aufgezählten Betriebsanlagen in Hüttenheim, Bochum und Eichen sein. Für Hiesinger und die Aktionäre ist sogar der ganze Stahlbereich eine „Überkapazität“, die aus dem TK-Konzern weg muss. Bald dreht sich wieder das Arbeitsplatz-Karussell. Dann wird es heißen: von Hüttenheim nach Beeckerwerth oder von Bochum nach Hamborn.

§ 10 Investitionsplanung auf unterstem Niveau
Die Summe der geplanten Investitionen soll lt. § 10 „den Durchschnitt der letzten Jahre (400 Mio. € p. a.) überschreiten“. Warum wurden in den letzten Jahren nicht mehr als 400 Mio. Euro jährlich investiert? Weil es Thyssenkrupp nach den 13 Mrd. Euro Fehlinvestitionen in Amerika finanziell ganz dreckig ging. Die Investitionen der mageren Jahre als Leitfaden für die Zukunft festzuschreiben, heißt aus kapitalistischer Sicht, der Zukunft nicht zu vertrauen.

Der große Wurf der IG Metall?
Die IG Metall-Bürokraten verkaufen den Entwurf des Tarifvertrags Zukunft Stahl als großen Wurf für die Zukunft. Das ist schon deshalb merkwürdig, weil Stahl für Herrn Hiesinger und die Aktionäre keine Zukunft hat. Noch merkwürdiger: Es verhandelten auf zwei Seiten a) der ehemalige IGM-Vorsitzende Wetzel mit b) dem ehemaligen 1. Bezirksleiter der IGM NRW, Burkhard. Was ist dabei herausgekommen?

Was Hiesinger will und was wir wollen
Hiesinger wollte: Ausgliederung, Fusion, Arbeitsplatzabbau, Anlagenschließung und die neue Holding in Amsterdam. Wir wollen: keine Ausgliederung, keine Fusion, keinen Arbeitsplatzabbau, keine Anlagenschließung und keine Vernichtung von Arbeitsplätzen in der Verwaltung. Wer hat sich durchgesetzt?

IGM-Liste verteidigt den Tarifvertrag Zukunft Stahl
Die Betriebsräte der offiziellen IG Metall-Liste sind da schon defensiver. Sie wollen uns erklären, dass eine Fusion kein Joint Venture ist. Der Tarifvertrag Zukunft Stahl habe mit der Fusion nichts zu tun. Demnach ist ein Mercedes kein Auto, sondern ein Fortbewegungsmittel, das nur so aussieht und so fährt wie ein Auto. Allerdings ist die Holding, die das Joint Venture von Amsterdam aus lenkt, dann doch vollkommen fusioniert. IGM-Bürokraten und der IGM-Fusions-Liste zur Betriebsratswahl geht es vor allem um ihre Posten im Europäischen Betriebsrat (§ 3), durch die Unternehmensmitbestimmung (§ 4), im Employee Executive Commitee (§ 5) und im Konzernbetriebsrat (§ 6). Während der ganzen Auseinandersetzungen gegen die Fusion und Ausgliederung haben wir von der vielgepriesenen Mitbestimmung viel gehört, aber nichts gesehen - außer der neoliberalen Gehirnwäsche, die Hiesinger & Co. den Spitzenbetriebsräten und IGM-Bürokraten in den Gremien erfolgreich verpasst hat.

Proteste ins Leere
Hiesinger wollte auch keine größeren Proteste. Und so protestierte die IG Metall erst 1 ½ Jahre lang Arm in Arm mit den Stahlkapitalisten gegen die EU-Bürokratie oder gegen den „Billigstahl aus China“. Dann ging es nicht vor die Konzernzentrale in Essen und zur Bilanzpressekonferenz, sondern nach Bochum und Andernach. Nach der ersten internationalen Aktion mit den Kollegen in Ijmuiden wurde der Kampf abgebrochen.

1 Minute vor 12
Noch kann nachgelegt werden. Verhandlungen über den Tarifvertrag Zukunft Stahl bieten die Möglichkeit, offiziell für MEHR in den Streik zu treten z. B. die bestehende Arbeitsplatzkapazität (d.h. die jetzige Anzahl der Arbeitsplätze) wie bei den Ausbildungsplätzen bis 2026 festschreiben zu lassen. Das dürfte Tatas Wunsch nach einer Fusion drastisch senken.

Keine Stimme für die IG Metall-Fusions-Liste!
Statt gemeinsames Handeln der KollegInnen von TKS und Tata-Steel zu organisieren, spalteten die IGM-Bürokraten unseren Kampf doppelt: erst durch den Sonderabschluss bei HKM, dann durch den Tarifvertrag Zukunft Stahl, mit dem sie den KollegInnen von Tata in den Rücken fielen. Ihre Verantwortung dafür wollen die IGM-Bürokraten durch die Abstimmung auf uns abwälzen. Die geplante Abstimmung ist undemokratisch. Denn alle Nicht-Mitglieder der IGM sind von ihr ausgeschlossen. Eine Betriebsversammlung ist nicht geplant, um Kritikern des Tarifvertrags Zukunft Stahl wie der Belegschaftsliste kein Forum zu bieten. Die einzig demokratische Abstimmung wird deshalb die Betriebsratswahl 2018 sein. Und da gilt: Keine Stimme für die IG Metall-Fusions-Liste!


RIR, 13.01.2018


- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -


Eine Belegschaftsversammlung ist keine Talkshow
Die Betriebsversammlung vor drei Monaten erinnerte an eine Talkshow.

„Statt der klassischen Aussprache gibt es eine Podiumsdiskussion zwischen Betriebsratsspitze und Arbeitgebervertreter“ schreibt die metallzeitung über TKS. Eine „Moderatorin" forderte, sich kürzer zu fassen. Sie meinte nicht Schlenz und Dr. Fischer, sondern uns. Denn: „Die Versammlung soll nicht mehr als zwei Stunden dauern“! Lt. Paragraphen 42-46 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ist die Betriebsversammlung nicht die Versammlung des Betriebsrates, des Unternehmers oder der IG Metall – sie ist die Versammlung aller Arbeitnehmer des Betriebes. Unserer Fragen und Beiträge müssen im Mittelpunkt stehen. Wie lange die Betriebsversammlung dauert, darüber entscheiden unsere Beiträge. „Moderatoren“ sieht das BetrVG nicht vor.


- Revolutionäre Initiative Ruhrgebiet -

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